Weltfest 2008
22. Aachener Weltfest, 23. August 2008
(k)EINE Welt
Am 23. August 2008 hat das Eine Welt Forum Aachen e. V. sein traditionelles Weltfest unter dem Motto „(k)eine Welt“ zum bereits dritten Mal im Stadtpark durchgeführt. Trotz des anfänglich sehr starken Regens und des verhaltenen Sonnenscheins, fanden ca. 400 Besucher den Weg in den Stadtpark, der zu einem informativen und kulinarischen Marktplatz umfunktioniert wurde. Das Fest stand unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dr. Jürgen Linden. Bürgermeisterin Hilde Scheidt begrüßte die Besucher, nachdem das 22. Weltfest mit der afrikanischen Trommelmusik von Pascal Salimou eingeleitet wurde. Das Weltfest war eine informative „Weltreise“, sowohl für Leib als auch für die Seele.
Das diesjährige, 22. Aachener Weltfest ist in das breit angelegte Motto „(k)EINE Welt“ eingekleidet: Zunächst mag dieses Motto etwas undeutlich erscheinen, schauen wir aber genauer hin, so sehen wir, dass der Gedanke der Einen Welt im Vordergrund steht: Die Eine Welt ist eine Wunschwelt, in der wir verständnisvoll nebeneinander und friedlich miteinander leben – davon sind wir zuweilen weit entfernt. Das zeigt sich Tag für Tag.
Wir sind näher dran an einer anderen Interpretation unseres Titels – die EINE Welt als Wirklichkeit. Sie steht im Zeichen von Globalisierung. Sie bedeutet Armut, weltweit grenzenlose Herrschaft einer bevorzugten Minderheit über die Mehrheit der Menschen. Diese EINE Welt bedeutet auch Irreführung und Erniedrigung, Ausbeutung und Elend für die Mehrheit aller Menschen, und das nicht nur im armen Süden, in den so genannten Entwicklungsländern, sondern auch innerhalb der reicheren, so genannten entwickelten Ländern.
Diese EINE Welt als Wirklichkeit kann dazu führen, dass beide Seiten – die Herrschenden wie die bis jetzt Beherrschten – in eine Welt geraten, die für alle Menschen Chaos und Katastrophen in Gesellschaft wie Natur bedeutet … das ist KEINE Welt, die wir wünschen. Diese Bedrohung, dass wir bald kEINE Welt mehr haben, in der Menschen leben können, die steht uns vor Augen.
Wenn wir das sehen, sehen wir klar: Wir müssen uns einsetzen für die EINE Welt der Gerechtigkeit, in der wir ohne Irreführung und Erniedrigung, ohne Ausbeutung und Elend miteinander leben.
Das Weltfest und sein Rahmenprogramm
Auf dem 22. Weltfest konnten Besucher sich an ca. 30 Ständen über die Situation der Menschen in Afrika, Asien oder Lateinamerika informieren, sowie einiges über die einzelnen Projekte der Organisationen erfahren. Ein wichtiges Anliegen war es dabei, diejenigen Menschen für die Entwicklungszusammenarbeit zu interessieren und sensibilisieren, die nicht ohnehin schon in Eine-Welt-Kreisen aktiv sind:
NGOs und Vereinigungen aus der Region präsentierten an ihren Ständen allgemeine Informationen rund um die Belange der „Einen Welt“ sowie ihre spezifische Arbeit in diesem Bereich. Unter ihnen befanden sich sowohl bekannte Organisationen wie terre des hommes, die Gesellschaft für bedrohte Völker, amnesty international oder Greenpeace, als auch lokale/regionale Gruppierungen und Initiativen wie beispielsweise die Partnerschaft Bad Münstereifel – Piéla (Burkino Faso) und die niederländische Organisation BioFair aus Vaals.
Ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm unterhielt die Besucher mit verschiedenen Musik- und Tanzaufführungen. Auf dem Tagesprogramm stand der afrikanische Trommelmusiker Pascal Salimou und Kids, der Schülerzirkus Configurani der Viktoriaschule, verschiedene Tanzgruppen, die serbische, vietnamesische kolumbianische aber auch iranische Tänze zeigten, als auch die Auftritte der korianisch-indonesischen Gitarristen „Korindo“ und der Big Band der RWTH Aachen. Neben den kulturellen Aspekten gab es viele unterschiedliche Verköstigungsmöglichkeiten der asiatischen, arabischen oder afrikanischen Küche. Am Ende des Weltfestes wurde in einer Tombola ein Markenfahrrad des Fahrradgeschäfts Velo verlost, sowie Essensgutscheine. Der Erlös ging wie auch schon in den vergangenen Jahren an unsere Partnerschaft mit dem indonesischen Fischerdorf Lampaseh.
Das Rahmenprogramm
16. August 2008 * 11- 15 Uhr Aachener Weltladen, Jakobstraße 9
Info- Veranstaltung: „Fairer Handel in Palästina- zwischen Hoffnung und Ohnmacht“
Im Rahmen des 22. Weltfestes fand am Samstag, 16. August 2008, die Info- Veranstaltung des Arbeitskreises NahOst „Fairer Handel für Palästina – Palästina zwischen Hoffnung und Ohnmacht“ statt. In der Zeit von 11-15 Uhr konnten sich die Besucher im Aachener Weltladen, in der Jakobstraße 9, über die aktuelle Situation in Palästina und vor allem über den fairen Handel palästinensischer Produkte informieren. Es wurde über die spezifischen Probleme der Produzenten fair gehandelter Produkte, sowie die menschenunwürdigen Lebensbedienungen der palästinensischen Bevölkerung gesprochen. Sowohl die Problematik der Trennmauer und des israelischen Militärs, die den Anbau und die Pflege der Olivenbäume sowie die Olivenernte verhindern, als auch die israelischen Gesetzte, welche eine Enteignung palästinensischen Ackerbodens und die Errichtung widerrechtlicher Siedlungen auf diesem Boden ermöglichen, wurden diskutiert.
Da die Produktion und der Vertrieb der Waren palästinensischer Bauern durch die israelische Besatzung beschränkt ist, ist es besonders wichtig den palästinensischen Bauern durch den Vertrieb und Verkauf fair gehandelter Agrarprodukte eine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu ermöglichen. Der Aachener Weltladen setzt ein Zeichen der Solidarität, indem er ein kleines, bestmöglichstes Sortiment palästinensischer Produkte anbietet, wie Zuckermandeln, sonnengetrocknete, gewürzte Tomaten, Olivenöl, getrocknete Datteln, Cous Cous aus Vollkorn, die arabische Gewürzmischung Za’atar (eine Mischung aus Ysop, Sesam, Salz und Sumachsamen) oder auch Olivenschalen, Krippen und Kreuze oder Anhänger aus Olivenholz. Neben den zahlreichen Informationen, die diese Veranstaltung lieferte, gab es auch ein sehr schmackhaftes, bei den Besuchern gut angekommenes, kaltes Buffet mit typisch palästinensischen Speisen, die aus fair gehandelten Produkten hergestellt wurden: kaltes Auberginenpüree, Baba ghannoy genannt, ein Dip aus Zataar (Thymian) mit Olivenöl, Tabulla, Bulgur-Kräuter-Salat, sowie gefüllte Kekse Mam’ul. Zusätzlich konnten sich die Besucher an schwarzen Tee wahlweise mit Minze oder Salbei bedienen.
Insgesamt war es eine gelungene, informative Veranstaltung, die durch kulinarische Spezialitäten abgerundet wurde und von einem breiten, interessierten Publikum besucht worden war.
„Eigentlich dachte ich, Frieden sei Glück und nicht eine bloße Vokabel. Doch immer kehren die Tauben zurück, ohne Ölzweige im Schnabel. Vielleicht ist der Ölbaum schon umgehauen, da machen die Worte nichts besser. Auch die Brücken, die wir aus Worten bauen, gehen über totes Gewässer.“
(Dagmar Nick)
18. August 2008 * 19.30 Uhr Aula Welthaus, An der Schanz 1
Vortrag: „Gegensätze Indiens: (un)gerecht geteilt?“ mit Harbhajan Ghuman von Disha e.V.
Die zweite Veranstaltung im Weltfest-Rahmenprogramm führte nunmehr nach Indien. Gegen 19.30 Uhr begrüßte Harbhajan Ghunam die ca. 30 Teilnehmer des indischen Abends mit den Worten „Namaste“: „Grüße von Oben“ oder „Grüß Gott“. Bärbel Ludwig von Disha e. V. leitete den Abend mit einem Text ein, der einen guten Überblick über das vergangene und das heutige Indien gab. Der Vortrag griff die Problematik der indischen Wirtschaftslage auf und wies darauf hin, dass Disha e. V. gezielt die Kinder armer Bauern und Landarbeiter in Indien unterstützt, damit diesen bessere Perspektiven geboten werden können und die Bauern ihre Existenz nicht verlieren.
Es folgte der Film „Eine Reise durch Indien“, der mit seinen beeindruckenden Bildern und entspannender Musik den Zuschauern einen Eindruck Indiens vermittelte. Ein weiterer Kurzfilm mit dem Titel „Modernes Indien“ beinhaltete den Fortschritt der indischen Wirtschaft bzw. die neue High-Tech-Welt Indiens. Nach diesem Filmbeitrag war es für Harbhajan Ghuman wichtig zu betonen, dass dieses moderne Indien nur die eine Seite der Medaille ist. Die Wirtschaft in Indien boome zwar, aber die Schere zwischen Arm und Reich werde immer größer. Er betonte, dass Indien bis „gestern ein Entwicklungsland“ war. Um diese drastischen Unterschiede zu verdeutlichen, folgte ein Film über die Armut in Indien, indem u. a. die Thematik der Kinderarbeit aufgegriffen wurde.
Der darauf folgende Programmpunkt war ein ausführlicher Dia-Vortag, bei dem Harbhajan Ghuman den Verein Disha e. V. genauer vorstellte. Ziel des Vereins ist die Förderung der deutsch-indischen Verständigung durch „Hilfe zur Selbsthilfe“ in Indien und die Bekanntmachung und Förderung der indischen Kultur und Philosophie, sowie indischer Tradition und Lebensart in Deutschland. Disha e. V. ist aktiv in Indien beschäftigt und ermöglicht die Ausbildung für begabte Kinder aus armen Verhältnissen. Disha e.V. fördert bedürftige Personen, um diesen eine Selbstständigkeit zu ermöglichen. Des weiteren unterstützt der Verein verwitwete und geschiedene Frauen, hilft im medizinischen und hygienischen Bereich und errichtet kleine Ausbildungszentren. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ist es, dass unterstützte oder geförderte Personen sich verpflichten sollen, später beratend tätig zu werden und finanziell anderen Unterstützung zu gewähren.
Harbhajan Ghuman zeigte Dias von der Partnerschule „Ved Kaur Arya Samaj Girl’s School“ in Qadian in Nordindien. Anhand der Dias waren kleine, aber auch große Erfolge des Projektes sichtbar: So wurde die Schule mit 10 Computern, 800 Sitzmatten, Schuluniformen, Schulbüchern und einer guten Sanitäranlage ausgestattet. Weitere Dias zeigten junge Mädchen, die durch Disha e. V. eine Ausbildung antreten konnten. Die Errichtung u. a. einer Handwerkschule, einer Schule für Schneiderinnen oder der Bau einer Kirche sind auf die Hilfe des Vereins vor Ort zurückzuführen. Nach diesem aufschlussreichen Dia Vortag folgte die N-TV Reportage von Markus Koch: „In 70 Tagen um die Welt“ mit dem Thema Indien.
Nicht nur in der kurzen Pause, sondern während des ganzen Abends konnten die Teilnehmer indische Knabbereien, sowie Pakoras, ein indisches Gemüse aus Auberginen, Zwiebeln, Ingwer, Kartoffeln und Gewürzen das in Kichererbsenmehlteig eingelegt und anschießend frittiert wird, kosten und dabei, in der indischen bunt geschmückten Aula, Darjeeling Tee trinken. Der Abend war für alle Beteiligten eine Bereicherung, da man sich auf eine kleine Reise nach Indien begeben hatte.
19.08.2008 * 19.30 Uhr Apollo Kino, Aachen
Film „Rhythm Is It“
Dieser 100minütige Dokumentarfilm von Thomas Grube und Enrique Sanchez Lansch aus dem Jahr 2004 wurde in Deutschland vielfach ausgezeichnet. Der Film behandelt das erste große Bildungs-Projekt des Berliner Philharmonie Chefdirigenten Sir Simon Rattle, der mit 250 Kindern und Jugendlichen aus 25 verschiedenen Nationen, die Aufführung von Igor Stravinskys Ballett Le Sacre du Printemps aufführt. Der Tanzlehrer Royston Maldoom, der u. a. schon Stravinskys Ballett in England mit Strafgefangenen erfolgreich inszenierte, hatte sechs Wochen Zeit, seine neuen Schüler mit klassischer Musik und Tanz bekannt zu machen.
Der Film begleitet drei junge Protagonisten während der Proben. Sie stehen symbolisch für die anderen problembelasteten Schüler, die größtenteils von Berliner Hauptschulen kommen. So wie eine der drei vorgestellten Protagonisten, die 14 jährige Marie aus Berlin. Marie fühlt sich in den sechs Wochen hin und her gerissen. Anfangs hält sie sich für eine faule Schülerin und auch aufgrund ihrer schlechten Beziehungen zu ihrer Mutter, findet Marie keinen Anreiz ihren Hauptschulabschluss zu absolvieren. Am Ende dieses Projekts entschließt sie sich dazu, ihre Schule nach angestrebtem Abschluss zu beenden und weiter ihre Zukunft eigenständiger zu planen.
Die zweite Person, die vorgestellt wird, ist der 16jährige Olayinka, ein Kriegsweise aus Nigeria, der erst kürzlich nach Deutschland kam. Olayinka ist ganz alleine in Deutschland, da seine Familie in Nigeria starb. Er ist ein sehr fleißiger junger Mann, der betont, dass er lernen und gefordert werden will, um mit seinen Worten „frei zu sein“. Das Schwierigste für ihn ist die Sprachbarriere zu überbrücken, da er die Erfahrung macht, dass Englisch ihm in Deutschland nicht weiter hilft. Durch die Teilnahme an dem Projekt Rattles lernt Olayinka neue Menschen kennen und findet sogar einen Mitbewohner.
Der 19jährige Martin hat Berührungsängste und hat dadurch große Probleme sich auf Menschen einzulassen, v. a. dann, wenn er sie während des Tanzens berühren muss. Zu Beginn betrachtet er alles negativ, aber trotz seiner Angst, hat er das Bedürfnis für sich zu lernen, wie man sich bewegt.
Der Film zeigt neben den chaotischen Proben, die Entwicklung der jungen Menschen, die immer wieder mit Unsicherheit, Selbstbewusstsein, Zweifeln und Begeisterung konfrontiert werden. Das Ende und der Höhepunkt ist ihr Auftritt in der Arena Treptow in Berlin. Das Projekt bekam so großen Zuspruch, dass die Berliner Philharmoniker ihre Kooperation mit anderen Ballettstücken und Choreografen in den folgenden Jahren weiter führen werden.
Die ca. 53 Zuschauer waren begeistert von der Intensität des Filmes. Als erstes kam die Frage nach einer möglichen DVD. Jemand lobte die philosophischen Ansätze im Film, die Rattle und Maldoom anbrachten. Es wurde in der Diskussion deutlich, wie bewundernswert die Zuschauer den Werdegang der „faulen Schüler zu Künstlern“ fanden. Die Forderung kam auf, ähnliche Projekte an Schulen durchzuführen, um das Selbstbewusstsein der Schüler zu stärken, daher solle an den Schulen mehr Zeit für solche Tätigkeiten eingeräumt werden.
21. 08. 2008 * 19.30 Uhr Aula Welthaus – Aachen
Politisches Kabarett „Gazastreifen“
Das Kabarett „Gazastreifen“ nennt sich selbst „Deutschlands schärfstes Studentenkabarett“. Die vor sieben Jahren gegründete Gruppe bestand damals aus zwölf Mitgliedern. Seit einem Jahr nennt sie sich „Gazastreifen“ und besteht aus den vier Mitgliedern, Manfred Schmitz, Max Meier, Ingo Strauch, Hanno Gerken und dem Pianisten Hans-Peter Schüller.
„Gazastreifen“ steht als Symbol für alle Konflikte dieser Welt und setzt als politisch- literarisches Kabarett auf kritische Zuschauer, die an diesem Abend zahlreich erschienen waren. Der Abend begann mit einem Lied, dessen Refrain lautete: „Gazastreifen fasst heiße Eisen an: Irak, Iran, Afghanistan, Putin, Bush und Terroristen – wir lassen uns nicht überlisten. Alles wird hier nachgefragt, Transparenz erzeugt und nachgehackt …“
Diese Zeilen waren Programm. Es wurde über Afghanistan, Hartz VI, die Babypause oder darüber, dass die CDU die schönsten Männer hat genauso gesungen, wie auch über Putin, über den es in dem Lied Put-Put-„Put-mein Putin heißt: „Du legst Russlands Demokratie in Asche und Schutt.“
Ein überzeugend gespielter Reich Ranitzki philosophierte über Hitlers Leiden, bei einer Papst Debatte fiel der Spruch: „Was können wir Katholiken dafür, dass die Protestanten kein Latinum haben?“ oder ein `NPD–Anhänger` stritt lautstark die Einführung des Euros ab: „ Es gibt keinen Euro. Es hat nie einen gegeben.“ Weitere kritische und kabarettistisch wunderbar umgesetzte Themen an diesem Abend waren die 68er, die großen Konzerne, die Olympischen Spiele und Tibet, der Pauschaltourismus und nicht zuletzt die Krise des Kabaretts.
Der humoristisch-politische Abend lud nach der anderthalb-stündigen Aufführung, die einen großen Applaus erntete, noch zu einer Diskussionsrunde mit den Schauspielern ein, an der ca. 10 Zuschauer sich angeregt beteiligten. An diesem gelungenen Kabarett-Abend wurde viel gelacht, gedacht, diskutiert und Knabbereien und Getränke des Aachener Weltladens verköstigt.