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Modellregion Rheinisches Nachhaltigkeits-Revier

Autor: Peter Kämmerling () | 1wf Vorstand
Rede am 20.09.2019 | Globaler Klimastreik (Fridays for Future) in Aachen

Seit dreißig Jahren kämpfen wir für Internationale Solidarität, Menschenrechte, Nachhaltigkeit und eine gerechte Welt. Dies verbindet uns mit Fridays for Future. Die globale Zerstörung unserer Lebensgrundlagen trifft weltweit die Ärmsten heute schon, deswegen ist ein Strukturwandel nicht nur im Rheinischen Braunkohle-Revier notwendig. Wegen des drohenden Klimawandels und den zunehmenden Fluchtgründen ist ein weltweiter Wandel hin zu nachhaltigem Wohlstand im Sinne von Gutem Leben, Guter Arbeit und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen für weltweit alle Menschen dringend. Möglich ist dies durch Hundert Prozent Erneuerbare Energie, Hundert Prozent geschlossene Stoffkreisläufe, Wärmedämmung an Gebäuden, überwiegend Schienen-, Rad- und Fußverkehr, Erhalt der Natur wie den Hambacher Forst sowie Friede statt immer mehr Konflikte um Wasser, Böden, fossile Energie wie die Rheinischen Braunkohlekraftwerke und nukleare Energie wie um Thiange und Doel sowie um Rohstoffe.

Das Eine Welt Forum Aachen e.V. schlägt vor, den bevorstehenden Wandel des Rheinischen Braunkohle-Reviers hin zu einer Modellregion für Nachhaltigkeit zu nutzen, damit wir bei uns selbst beginnen, umfassende Nachhaltigkeit so schnell wie möglich so weit wie möglich zu verwirklichen und wir unsere damit gewonnene Erfahrung offen zur Verfügung stellen. Die umliegenden Städte Aachen, Köln, Düsseldorf, Mönchengladbach und Bonn müssen Teil der Modellregion werden, weil Städte niemals die in ihnen verbrauchte Energie und Waren selbst nachhaltig hervorbringen können. Umfassende Nachhaltigkeit bedarf der solidarischen Integration und Synergie von Stadt und Land.

Die Natur zeigt eine Lösung hin zu einem nachhaltigen Wohlstand für weltweit alle Menschen auf. Seit Hunderten von Jahrmillionen existieren die Lebewesen auf unserem Planeten von dem, was sie im tages- bis jahreszeitlichen Rhythmus auf der Erdkruste an Energie, Wasser und Stoffen in ihrem Habitat vorfinden. In der Natur gibt es keinen Müll, alle Stoffe werden in Kreisläufen wiederverwendet. Diese Kreisläufe werden durch die Sonnenenergie angetrieben. Lebewesen sind verschwenderisch in ihrer Vielfalt und Schönheit, damit sind sie effektiv in nachhaltigem Leben. Effizienz in Bezug auf Energie, Stoffnutzung oder Arbeit ist ihnen zweitrangig, weil diese über die Zeit unbegrenzt zur Verfügung stehen. Geld und Profit ist der Natur unbekannt.

Erst der Mensch kam auf die Idee, die über Jahrmillionen gespeicherten Kohlenstoffreste von Lebewesen wie Erdöl, Erdgas und Kohle in großem Stil tief aus der Erdekruste zu heben, sie zur technischen Energiegewinnung zu verbrennen bzw. als Kohlenwasserstoff-Rohstoffe zur Herstellung großer Mengen neuer und neuartiger Kohlenstoffverbindungen zu verwenden und damit ungewollt unsere Atmosphäre mit CO2 anzureichern und die Natur zu belasten. Zudem begann der Mensch, geologische Rohstoffdepots in großem Stil auszugraben, umzuwandeln und anzureichern. Dadurch werden immer größere Landstriche verwüstet. Erst diese hoch konzentrierte Form von Energie und Stoffen, welche teilweise giftig und umweltbelastend sind, der Arbeitsteilung sowie der Schaffung des Eigentums an Boden ermöglichten die immer weiter fortschreitende Kapitalakkumulation und den heutigen materiellen Wohlstand für einen Teil der Weltbevölkerung, aber auch Ausbeutung von Natur, Tieren, Menschen, Kriege mit Massenvernichtungswaffen und erhebliche Profitsteigerungen. Diese Alles sind Facetten des gleichen Welt- und Menschenbildes: Ausbeutung zum persönlichen Nutzen, zur persönlichen Macht, zur Kapitalakkumulation und zum Profit. Neo-Liberalismus liefert die dazu passende Zweckideologie. Unsere repräsentative parlamentarische Demokratie sichert -noch- die Mehrheit derjenigen, die zu ihrem eigenen materiellen Wohlstand daran glauben möchten.

Nun wird die Erderwärmung persönlich spürbar und damit eine Veränderung unseres Klimas, sowie aller Vegetationszonen und Küstenlinien und der daran gelegenen großen Städte in einer erdgeschichtlich nie dagewesenen Geschwindigkeit, die Lebewesen nicht genug Zeit lässt, sich anzupassen. Ein rasantes Sterben von Pflanzen- und Tieren und ganzer Arten ist bereits in Gange.

Wir benötigen ein insgesamt nachhaltiges Wirtschaften sowie gutes Leben und gute Arbeit für weltweit alle Menschen, und dafür benötigen wir umgehend eine erste Modellregion. Mit seinen sehr fruchtbaren Böden, großer Anzahl von Lebensmittel-, Erdöl-, Chemie-, Energie-Industrien, Maschinenbau und vielen anderen Industriezweigen, vielen umliegenden Städten mit großer Bevölkerung und qualifiziertem Personal, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Handwerk, Dienstleistungsbetrieben, sehr guter Verkehrsanbindung, internationaler Vernetzung und breitem zivilgesellschaftlichen Engagement bietet das Rheinische Revier beste Voraussetzungen, dies alles erfolgreich nachhaltig umgestalten zu können und damit u.a. CO2-Emmissionen, Umweltbelastungen und auch dadurch ausgelöste Flucht wegen Konflikten um Energie und Rohstoffen sowie Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu stoppen.

Liebe Fridays for Future. Glaubt den alten weißen Männern, die Politik für euch machen wollen, nicht. Ich weiß wovon ich rede, denn ich bin selbst so einer. Sie setzen sich nicht für eure Zukunft, sondern nur für ihr eigenes bequemes Restleben ein. Ich bin Hier und Heute die Ausnahme, denn ich habe einen vierwöchigen Sohn, mein erstes Kind, für dessen Zukunft ich mit euch zusammen kämpfe. Nehmt eure Zukunft in eure eigenen Hände, engagiert euch. Das Eine Welt Forum und das Welthaus Aachen stehen mit euch zusammen, wir haben die gleichen Ziele, wir unterstützen euch.